„Bin ich die einzige, die sich unvorbereitet fühlt?“
Es ist Sonntag, der Tag vorm Geschichts-Abi. Oder Deutsch-Abi. Oder Sport-Abi. Je nachdem, welches Opferchen du bist. Und ich bin eben eines der Opfer des Geschichts-LK.
„Nein, bist du nicht…“, antworte ich Nina.
Denn, ganz ehrlich, seit das Schuljahr 2014/2015 angefangen hat, hasse ich den Geschichtsunterricht. Wenn ich es vorher quälend und ermüdend fand, dann ist es spätestens seit Q4 die Hölle auf Erden.
Q1 und Q2 waren noch relativ in Ordnung – ich fand den Unterricht sogar nicht schlecht. Zwar nicht außerordentlich gut, aber einige Sachen sind hängen geblieben und ich weiß mehr von Deutschlands Hintergrundgeschichte. Yay?
Dann kam aber Q3. Das komplette halbe Jahr von der Weimarer Republik bis zur Potsdamer Konferenz. Dabei sollten wir eigentlich schon längst in den siebziger Jahren sein, mitten im Kalten Krieg. Es ging alles so schleppend voran, mein größtes Problem war nicht einzuschlafen.
Q4 bzw. danach bis EINE WOCHE VOR DEM ABI haben wir den Rest schnell durchgemacht, mittels Referaten, Gruppenarbeiten und zwei Dokus. Ist ja egal, dass das sehr gut mindestens ein Abi-Vorschlag ist. Yolo, huh.
Haben auch intern die Abi-Vorschläge zusammen getragen: A) Frauenfrage, B) Deutschland nach 1945 und C) EU. Ratet, was wir nicht ausführlich (oder gar nicht) behandelt haben.
Jedenfalls sitze ich hier und bin kurz vorm Heulen. Teilweise bin ich froh, weil dann habe ich die beschissenste schriftliche Abi-Prüfung hinter mir und muss (hoffentlich) nie wieder was von der Sozialen Frage hören. Andererseits bin ich am Rande des Wahnsinns, weil meine Texte kacke sind, ich kaum Daten auswendig kenne, ich es schaffe die gegebenen Quellen zu missverstehen, weil ich anscheinend immer die Aufgaben falsch anpacke. Manchmal habe ich das Gefühl, mein Geschichtslehrer hasst meine Texte und würde sie gerne verbrennen. Das beleidigt mich nicht, aber es stresst mich, dass es quasi egal ist, wie viel ich gelernt habe und wie viele Fakten ich kenne, ich kriege höchstens acht Punkte und selbst dafür haben sich bestimmt ein Dutzend Engel aufgeopfert, drei Wunder haben sich zu diesem einem Wunder zusammen geschlossen und eines der im Versteck lebenden Einhörner ist eingegangen, beim Regenbogen kotzen, obwohl ihm noch die halbe LGBT+Gemeinde die Stärke und Liebe dafür gesendet hat. DAS IST KEIN VERDAMMTER WITZ. ICH KANN NICHT DARÜBER LACHEN. MICH STRESST DAS VERDAMMT. Ich sehe mich dann wie ein comichaft gezeichnetes Ding, mit Kreisen als Augen und Punkten als Pupillen, ohne Nase und Mund, in einem grauem Pullover und wilden Locken und auf dem ganzen Gesicht sind Schweißflecken zu sehen und in diesen sarkastisch-kleinen Pupillen liest man die pure Verzweiflung, den rohen Wahnsinn und die Mordlust von Voldemort.
Ich weiß nicht mal, wie ich mich bitte beruhigen soll! „Haha, wir hatten noch nie Daten gebraucht!“ Oder „Lass ich halt die Zeit nach 1945 raus!“ – und selbst dann bin ich noch kurz davor, mein Herz aus dem Brustkorb zu reißen.
Also wenn ich bei Englisch nur leicht nervös war, werde ich vor Geschichte kotze, nach Erhalten der Vorschläge in Ohnmacht fallen und nachdem ich mich durch A, B oder C gequält habe, spring ich von der Brücke ins eklige Wasser und starte mein Leben als Gummiente.
(Ich weiß, es klingt sehr schlimm und ich fühle mich auch nicht besonders gut, aber ich muss da durch. Egal, wie vorbereitet ich mich dafür fühle. Ich will es einfach nur hinter mir haben und nie wieder daran denken, dass ich Geschichte als Leistungskurs genommen habe.)