So langsam glaube ich, dass ich keine Versprechen machen
sollte, denn ich halte sie selten ein.
So habe ich zum Beispiel meinem Computer versprochen,
dass ich ihn lieben und ehren werde bis er eines Tages im Schlaf von uns geht –
denn da er mit seinen (damals!) fast zehn Jahren auf dem Buckel und mehreren
Operationen, wie zum Beispiel Staubabsaugen für die persönliche Schönheit und
der bitter nötige Festplattenwechsel (wobei wir uns noch bei den Angehörigen
des Spenders riesig bedankten) naja, nun… da habe ich mir geschworen, dass ich
dem armen alten Dinosaurier, wie ich ihn scherzhaft gerne nenne (obwohl er
eigentlich inoffiziell Rüdiger heißt), ein schönes Dasein erfüllen werde. So
habe ich ihn selten überladen mit irgendwelchen Dateien oder Programmen –
alles, was ich nicht brauchte, wurde gelöscht und deinstalliert. Mindestens
einmal in der Woche wurde das Anti-Viren-Programm für eine schnelle
Untersuchung angeheuert und einmal im Monat für eine vollständige (und
zeitraubende). Ich hab auf dem ganzen Computer für Ordnung gesorgt – so die
übriggebliebenen Daten der Eltern an ihren Computer rüber gespielt, Toris
Sachen ebenfalls, den Rest (also meine Sachen) neu sortiert – denn nun hatte
ich freie Bahn.
Ich hab ihn aufgemöbelt. Niemals habe ich den guten Dino
jemals so gut in Form gesehen.
Nicht mal der neue Computer meiner Eltern mit seinem
Highspeed-Internet konnte mich von meiner Liebe zu meinem Alten abbringen.
Es war gegenseitige Liebe, btw. Rüdiger hielt mich lange
aus. Wir konnten bis drei Uhr nachts im Internet hocken und gleichzeitig Karten
zocken. Ich hab grad unfreiwillig gereimt, shit. Ich konnte sogar Sims
spielen! SIMS! Das hat ihn zwar doch fertig gemacht, aber da ich eh nie länger
als zwei Stunden gebraucht habe, um ein Haus zu bauen oder einen Sim zu töten,
war das vollkommen in Ordnung.
Sogar als ich später mit meinem Smartphone ankam und den
Dino dementsprechend seltener anschaltete war alles gut. Klar, er war außer
Form gekommen und ich selber ließ mich schnell während der Wartezeit ablenken.
Doch wie heißt es so schön? Das Glück hält nicht ewig –
oder so.
So ist es auch bei uns.
Rüdiger ist ein Windows XP.
Und Microsoft unterstützt seit Ende April/Anfang Mai
dieses System nicht mehr.
Ergo: keine Updates – was eigentlich gut ist, weil die
extrem nervig sind. Aber auch keine Sicherheit mehr, denn dadurch wurde auch
das Anti-Viren-Programm außer Gefecht gesetzt.
Aus Angst, dem Dino eine tödliche Krankheit einzufangen
und ihn somit vielleicht für immer zu verlieren, schalte ich ihn nicht mehr
ein. Ich hab nur schnell alle Daten auf meine Festplatte gezogen und
hoffnungslos versucht, das Programm eventuell zum Laufen zu bringen. Erfolglos.
Zwar könnte ich ein neues System runterladen, aber…
XP ist mein Favorit. Nicht nur, dass es so schön kitschig
ist. Es auch so schön „alt“ ist. Nicht unbedingt retro. Es ist einfach nur
so viel bequemer und simpler als Windows 7 oder 8. Die Taskleiste zum Beispiel
ist viel übersichtlicher und schneller zu hantieren. Und ich hab auch keine
dämliche, starre und intolerante „Bibliothek“ als Ordnerhierarchie.
Außerdem würde ein neues System meinen Alten noch
langsamer machen. Dann wäre er nicht mehr gefühlt 50 Jahre alt, sondern 70 oder
80. Also ein Uropa! Eine Schildkröte! Okay, ich mag Schildkröten.
Deswegen sitze ich seitdem an Toris altem Laptop, der
gewissermaßen ihr Rüdiger ist. Wenn ich mich also schuldig fühle, wenn ich am
Laptop sitze und arbeite, so fühlt sich Tori schuldig, wenn sie mit ihrem neuen
Laptop zu Besuch kommt und ihren Alten sieht… sie ist somit die einzige
zuhause, die mich nicht auslacht, wenn ich den Dino betrauere.
Aber wie sollte ich denn auch nicht?
Er war mein erster Computer, unser erster Computer! Wir haben so vieles durchgemacht. Sämtliche
Viren, Trojaner und Fieberanfälle bekämpft und besiegt. Meine ersten
Paint-Gemälde und Comics gezeichnet. Mit Rüdiger habe ich meine erste
Powerpoint-Präsentation gemacht. Aber auch Videos und Audiodateien habe ich
bearbeitet. Er hat mir auch beim Entdecken des Schreibens geholfen – mir Office
Word und das Internet zum Recherchieren
gegeben.
Mit dem Dinosaurier verbinde ich so viele Erinnerungen…
Es ist echt schwer, so einem langjährigen Freund, der
eigentlich „nur“ eine Maschine ist, Lebewohl zu sagen.
(30. Mai 2014)
das ist süß.. verstörend, aber süß :D
AntwortenLöschen