„Wo sind denn die
anderen?“, fragt mich Jenny und schaut sich dabei in unserem franz-Raum um. Nur
unsere Klasse ist anwesend.
„Die haben
Wandertag“, antworte ich ihr. Vorhin hab ich noch Lea und Louisa gesehen und
ihnen Spaß gewünscht, da sie selber nicht wissen, wohin es eigentlich hingeht.
Herr Schwade
kommt herein, sein Koffer vor sich schiebend und diesem Ausdruck von „Schon
wieder die hier“, stellt seine Sachen barsch ab und geht plötzlich auf mich,
nachdem wir alle aufgestanden sind um uns zu begrüßen.
„Alexandra, Herr
Party will mit dir sprechen.“
Obwohl mir nichts
einfällt, was ich hätte falsch machen können, wird mir schlecht. Oh Gott, was
hab ich getan?
„Warte“, setz
Herr Schwade nach, „du bist doch Alexandra Sparrow, oder?“
Meine Panik
schwindet zu Unglauben. Echt jetzt? Ein Monat Schule und du weiß immer noch
nicht, wie ich heiße?
„Ja. Ja, bin ich.“
„Na dann geh, er
wollte mit dir noch in der ersten Stunde sprechen“, lächelt er mir aufmunternd
zu, obwohl alle wissen, dass Herr Party als Stellvertretende Direktor
eigentlich der strenge, aber faire Direktor ist. So wie Professor McGonagall.
Noch bevor ich
den ersten Schritt setze, fällt mir noch was ein.
„Äh, Herr
Schwade, wo liegt denn sein Büro?“
„Ach, das ist
gegenüber dem Sekretariat.“
„Aha. Na dann
frag ich dort einfach mal“, gestehe ich laut ein, denn so wirklich geholfen hat
er mir nicht.
Mit schnellen
Schritten gehe ich zur Tür, mach sie auf und stürze beinah raus. Als sie wieder
zu ist, drehe ich mich auf den Fersen Richtung Sekretariat und bete, dass
Herr Party mit mir Nachsicht haben wird – was auch immer ich bitte schön getan
habe(n soll).
Starr vor Schreck
laufe ich wie ein Roboter, laufe an ehemaligen Klassenkameraden vorbei und
versuche mich zu beruhigen, was aber nicht sonderlich gut klappt.
Am Lehrerzimmer
vorbei, einem unbekannten Lehrer einen guten Morgen wünschen (Was, wenn ich ihn
in Zukunft haben werde? Naja, falls…), die Treppe vor der Aula runter, nach
rechts, drei Treppenstufen überfliegen und im Sekretariat nach Herrn Partys
Büro fragen.
„Die ist hier die
kleine Treppe rauf, gleich links“, lächelt mir die Frau zu, dessen Name ich
immer wieder vergesse. Sie macht denselben Eindruck wie Herr Schwade: ermutigend,
ermunternd, Mut zu sprechend. Es fehlt nur noch ein „Alles wird gut, Liebes“,
dann wäre ich mir sicher, dass ich am Truman-Show-Syndrom leide.
Wieder draußen
sprinte ich die drei Treppenstufen rauf und sehe sofort die Tür, die ich zum
ersten Mal deutlich bemerke.
Groß, unnatürlich
weit, im selben beigen Ton lackiert, mit einem kleinen schwarzen Täfelchen am
oberen Rand markiert: Herr Partys Büro. Die Nummer hab ich schon wieder
vergessen.
Des Atmens nicht
fähig klopfe ich ängstlich, aber fest an der Tür. Ein „Herein!“ folgt ohne
Pause.
So wütend klingt
er gar nicht, spreche ich mir selber Mut zu.
„Guten Morgen“,
wünsche ich dem stellvertretendem Direktor atemlos.
„Guten Morgen,
Alexandra“, wünscht er mir zurück. Sieh mal an, gut gelaunt? „Setz dich doch.“
Ich setze mich,
mit den Nerven zum Zerreißen gespannt auf mein Schicksal.
„Ich weiß nicht,
ob du davon schon mal gehört hast, Alexandra“, fängt Herr Party an, „aber wir
haben an der Schule eine Stiftung.“
Er legt eine Pause
ein und schaut mich erwartungsvoll an.
„Okay?“, kommt es
aus mir heraus, meiner Meinung nach zu laut und zu respektlos gegenüber Herr
Party.
Kommentarlos
redet Herr Party weiter. Er erzählt mir von der Stiftung, die Schüler für besondere
Leistung belohnen, und dass Frau Kiwitz dem Vorstand der Stiftung vorgeschlagen
hat, mich für meine „hervorragende Leistungen und mein Engagement im Wahlfach
Theater“ ebenso zu belohnen – mit der Übernahme der Kosten für die Teilnahme am
Workshop des Schauspiel Frankfurts im nächsten Jahr.
„Heilige Scheiße“,
ist mir beinahe ausgerutscht. Stattdessen strahle ich vor Freude, bedanke mich
bestimmt drei Mal bei Herrn Party, der mich deswegen extra persönlich sehen wollte
– um mir persönlich zu gratulieren (während des Händeschüttelns kommen noch ein
paar Dankeschöns hervor).
„Am 10. November
sind deine Eltern zum Stiftungsfest eingeladen – an dem Abend wird dir und
Herrn Jan Snefga, den du sicherlich kennst, die Urkunden verliehen.“
Ich fange noch
mehr an zu grinsen. Jan auch? Das ist mehr als großartig. Das ist superduper
mega hammer goil.
Herr Party
überreicht mir noch den offiziellen Brief und schüttelt mir noch einmal die
Hand.
„Wir sehen uns
spätestens am Abend des 10. Novembers“, lächelt er mir fröhlich zu. Es sieht so
aus, als wäre ich nicht die einzige, die vor Freude (und der späten
Erkenntnis von Erleichterung) gleich in die Luft springt.
Als ich in der
Tür stehe, wünsche ich ihm noch einen schönen Tag und stoße mir hörbar die Tür
an den Fuß, was mir aber nichts ausmacht.
Vor Freude renne
ich fast zum Franz-Raum, darauf bedacht nicht schallend loszulachen. Ich hab
gedacht ich krieg eine saftige Bestrafung! Wie paranoid kann ich nur sein?
Mein
Wiederauftauchen bleibt unkommentiert, nur Jenny fragt, was Herr Party von mir
wollte.
„Erzähl ich dir
später“, flüstere ich zurück, fange aber kurze Zeit später an, alles auf einem
Schmierblatt zu schreiben und schiebe diesen ihr dann zu.
Ich schaue ihr
beim Lesen zu, bin gespannt auf ihre Reaktion. Doch es kommt keine.
Toll. Meine
Freude kriegt einen kleinen Dämpfer, kommt aber wieder zurück als ich in der
Pause den Brief aufmache und die erste Zeile lese:
Auszeichnung als Stipendiatin der Stiftung
Ozean-Gymnasium
Herr Schwade bemerkt
mich, fängt an zu lächeln. „Für jemanden, der von Herr Party zu sprechen gewünscht
wurde, siehst du sehr glücklich aus.“
Als Antwort lächele
ich einfach nur glückselig.
ich hätte aber auch gedacht 'was habe ich nun schon wieder verbrochen?' aber ich freu mich für dich(:
AntwortenLöschen