Ich hatte eine echte Chance auf eine 2. Ernsthaft.
Das Thema lag mir ganz gut. Ich verstand alles, wusste bescheid und selbst wenn, wir durften den Zettel, auf dem die Formeln standen sowieso benutzen.
Aber dann kam es raus: Ein Foto von der Arbeit im Netz. Geschossen von einer Klassenkameradin, von der man das erst gar nicht erwarten würde.
Wir bekommen eine neue Arbeit, eine etwas leichtere. Doch da uns erst die liebe Hundedecke etwas Zeit gestohlen hat und Frau Haufe sich wegen des Betrugsversuchs auch noch meldete, verloren wir noch mehr Zeit. Nicht zu vergessen de Mitschülerin, die gebeichtet hat, die aus Angst draußen vor der Tür weinte. Während die ersten schon anfingen zu rechnen, saß ich da, betäubt von dem grässlichen Geräusch der nicht aufhörenden Tränen und der Angst in den Knochen. Ich schaffte nur drei von vier Aufgaben, diese dann aber auch eigentlich ohne Rechnungsweg wegen den Formeln.
Heute hatten wir seit dem Vorfall von Freitag wieder Mathe gehabt. Frau Haufe war nicht der besten Laune und wird uns die nächsten zwei Wochen bluten lassen, ihre Worte.
Wir fragten nach Noten und Durchschnitt (3,9). Ich hab eine 4.
Das nur, weil sie eben angepisst jeden kleinsten Fehlern, den sie sonst nie werten würde, ebenfalls angestrichen hat.
Während wir dann selbstständig arbeiteten, wollte ich nur raus. Irgendwie meine Gefühle ausdrücken. Wie wütend ich bin. Und traurig. Und sowas wie beleidigt, dass auch die Unschuldigen dieselbe Arschkarte wie die Mitläufer ziehen.
Endlich zuhause erzählte ich rasch vom Unterricht und dann war ich nicht mehr ansprechbar.
Bis viertel vor zwei ließ ich mich nicht anfassen. Ich war dazu nicht fähig. Habe zwar somit auch Mama leiden lassen, aber ich konnte wirklich nicht.
Zwei Wochen muss ich jetzt bluten. Ob die Wunde heilen wird, weiß ich nicht.
09/05/12
30/04/12
Problem?
Da wir in Englisch ein Buch lesen – einige zum ersten Mal
wahrscheinlich – und wir im Unterricht mal eben die unbekannten Worte
entziffern, sitzen Jenny und ich gelangweilt da, schnappen gleichzeitig unsere
Lesezeichen und fangen an, mit den Teilen in unser Gesicht zu wehen, als sei
uns schrecklich warm. Ich muss gestehen, es ist nicht witzig, kein bisschen
sogar, aber dann irgendwie doch. Vielleicht weil wir im selben Augenblick den
gleichen Gedanken hatten und synchron reagierten. Vielleicht auch einfach, weil
wir manchmal echt nur hohl sind.
Maurice, der in der Reihe seitlich von unserem Tisch
sitzt, kann von seinem Platz aus mich sehen – wenn ich mich zurücklehne.
So saß ich da, zurückgelehnt, mit den Lesezeichen wedelnd
vorm Gesicht, grinsend.
Aber nö, Alex hat kein Recht fröhlich zu sein.
„Sag mal, bist du behindert?“, fragt er undeutlich, sodass es eher wie „Samma, bissu be-indat?“ klingt, aber laut genug, dass es sogar Alejandro gehört hätte, wenn er es nur wollte.
„Sag mal, bist du behindert?“, fragt er undeutlich, sodass es eher wie „Samma, bissu be-indat?“ klingt, aber laut genug, dass es sogar Alejandro gehört hätte, wenn er es nur wollte.
Statt wie üblich Augenverdrehend mich von ihm wenden,
packte mich solch eine Wut.
Was erlaubt sich dieser Schmarotzer? Ist er hier der
King, oder wie? Nur weil er, mit seiner Vorliebe für Hitler, „der Führer“ von
seinen „Anhängern“ genannt wird?
„Stört es dich, oder was?“, frag ich genauso blöd zurück.
Es ist mir in dem Moment sowas von egal, ob man mich hört oder nicht, ob man
sich fragt, ob ich anfange völlig durchzudrehen oder dass ich in Wirklichkeit
eine verdammte Zicke bin, aber für alle nach außen ruhig spiele. Was auch immer
gedacht wurde, es ist mir scheißegal.
Maurice macht den Mund auf, aber ich lasse ihn erst gar
nicht zu Wort: „Tja, dein Problem, wenn es dich stört, nicht meins. Wenn es dir
nicht gefällt, dann schau woanders hin.“ Und mit einem aufgesetzten Lächeln
wedelte ich noch heftiger.
Danach kochte ich immer noch. Lange saß ich da, wünschte
ich sei wirklich nicht von dieser Welt, sodass ich ihn verhauen könnte. Wenn
ich wenigstens eine Junge wäre, ich hätte ihn dann wahrscheinlich auf dem
Pausenhof verprügelt.
Doch dann dachte ich daran, wie ich reagiert habe. Meine
eigentlich gar nicht so schlechte Antwort und das fiese Lächeln danach, nicht
zu vergessen diese Provokation.
Es ist mir vollkommen egal, wie hart das Schulleben
sozial gesehen für mich in Zukunft wird. Ich lasse mir das Maul nicht stopfen.
„Was schmeichelt dir?“
Hm, ja, gute Frage, nächste Frage!
Dann würde ich die Antwort einfach löschen oder ironisch
beantworten.
Aber irgendwie habe ich die Frage da stehen gelassen und
gesagt: Dazu machst du ein Post, Ende Banane!
Und jetzt, wo ich hier so sitze und tippe, fällt mir
nicht so wirklich etwas, was mir schmeichelt, ein.
Okay, doch.
*Es schmeichelt mir, wenn mich jemand lobt. Oder etwas
als positiv bemerkt. Sei es „Oh, hey, deine Schuhe sind cool!“ oder „Das sieht
richtig toll aus – dies und jenes kannst du verdammt gut.“, wobei man sowas
leider nicht mehr hört („Oh Gott, die hat zwei verschiedene Schnürsenkel – Freak!“).
Wem würde es nicht schmeicheln, wenn jemand einfach so
daherkommt und irgend etwas, das du gemacht oder gesagt hast, toll findet oder
sogar lobt. Und das auch noch richtig offen und ehrlich. Boah, heirate mich,
wenn du ein Kerl bist und zehn Jahre vergangen sind, okay?
(Übrigens ist es meistens „Mir gefällt es, wie du
schreibst/mir gefällt dein Blog/mir gefallen deine Haare“, nur so).
*Da mein Humor ein bisschen anders ist – für manche ist
er zu makaber, für andere zu dumm, ganz andere finden keinen Reim darauf – und ich
meistens dann alleine lache, freue ich mich, wenn jemand mit mir lacht und
vorher/nachher/wann egal sagt, dass der Witz/oder sonst was total krass übel
lustig war. Sei es auch „nur“ lustig. Oder auf formspring.
*Zwar kommt es nicht oft vor (keine dieser hier
aufgezählten Sachen kommt je oft vor, aber dieser hier wohl am seltensten),
aber wenn mir jemand sagt/andeutet/wie auch immer, dass er gerne mehr mit mir Zeit verbringen möchte, sei es auch nur urplötzlich sich neben mich zu setzen
während der kleinen Pause, dann fühle ich mich total geschmeichelt. Vielleicht
erröte ich dann sogar.
Das war’s auch eigentlich. Ich mein, man kann sich nicht
immer geschmeichelt fühlen, oder?
27/04/12
Warst du schon mal in Amerika?
Ich starre Alejandro vollkommen perplex an.
"Ähm, nö", antworte ich extrem geschickt.
"Was machst du dann?"
Langsam fühle ich mich schon geschmeichelt: das ständige Drannehmen, das Loben für meine Antworten und jetzt das. Nur weil ich ein paar Kürzel und die Jugendsprache der englisch Sprechenden beherrsche. Witzig.
"Ich schreibe im Internet mit Leuten aus Amerika und so", kürze ich es ab. Es wäre zu komplex zu erklären, wie es so in tumblr läuft und dass ich auch Leute verfolge, die in Kanada und (das ist jetzt nur eine Vermutung, weil er selten was preisgibt... aber ein er!) in Spanien leben.
Wir lesen im Buch irgendein Magazin für Teenager. Schon in der letzten Stunde wurde gefragt, was bitte schön dunno sein soll. Gott sei Dank fragt Alejandro vorher nach, ob jemand die Antwort weiß. Damit ich wenigstens in Englisch schlau wirke.
Weiterhin löse ich für ihn auch eine Aufgabe und weitere Ungeklärtheiten der englischen Jugendsprache.
"Weiß jemand, was das bedeutet?", fragt er in die Runde.
Automatisch melde ich mich, beinahe gelangweilt, mit der Frage Das ist doch pipifax, Leute! Seht ihr das nicht? im Kopf.
"Haha, also Alex, unsere Expertin, weiß die Antwort!", lacht er, als er mich dran nimmt.
Ich unterdrücke mein Are you kidding me-Gesicht und sage einfach die Antwort.
"Ich hab gestern mit meiner Schwester einen Film geguckt, La Boum, da hat einer einen Witz erzählt, dass da ein Tourist in einem englischen Restaurant war und nach einem bloody steak fragte, woraufhin der Kellner 'So, and what about some fucking potatos?' gesagt hat!" Ich lache mir einen Ast ab. Schon beim Film fand ich es witzig.
Zu meiner Verwunderung guckt mich meine Reihe verwirrt und verstört an. "Versteh ich nicht", sagt Sarah als Antwort.
Während ich nach außen hin ruhig ihnen den Witz erklärte, kochte ich innen drin.
25/04/12
„Alex ist unter ihren Leuten“
Gestern kam ich Heim und habe Tori erzählt, dass
ich mit Jenny Plakate ausgehängt habe, was die Kiwi zu Patrick gesagt hatte und
so – ich bekam aber eine ganz andere Reaktion als erwartet.
„Ja, ich hab die Plakate gesehen. Die sind total
hässlich. Und peinlich! Das ist keine Werbung, sondern vergraulende Scheiße!
Die Kiwi hatte nicht einmal gefragt, ob wir das Plakat haben wollen, sondern
hat sie einfach ausgedruckt und uns bzw. dich aufhängen lassen! Dann schreibt
sie noch, wir wären eine AG der Schule – von wegen! Wir sind von der Kirche, wir arbeiten bloß mit
der Schule quasi zusammen – und das nur, weil Kiwi wieder mit dabei ist. Weißt
du wie lange die wieder bei uns? Seit Januar vielleicht! Und hat sie was gemacht?
Nö! Wir haben das Stück selber ausgesucht, wir haben uns selber den Namen
gegeben, wir haben alles selber organisiert mit der Kirche und so weiter, wir
sind eigentlich leiterlos, Ausnahme halt Kevin und ich! Aber was hat die Kiwi
gemacht? Im Lehrerzimmer von der Aufführung geprahlt und sich als Leiterin der
Theater AG dargestellt!“
Beschwerde pur. Hat dann erst mal mich zu Brei
geschlagen, obwohl ich gar nichts damit zu tun habe. Auch toll.
Jedenfalls hatte sie dann abends immer noch
schlechte Laune, fing an etwas fürs Plakat zu zeichnen, während Nico auch an
einem gearbeitet hat.
Da Tori kein Weltkünstler ist und Nico am Computer
eben nur schneller sein kann, haben wir nun Nicos Plakat:
Eine Silhouette, rechte Hand zur Faust geballt, in
der linken Ecke, die linke Hand als Pistole in der Luft dargestellt, der
Hintergrund weiß, auf dem die wichtigen Daten stehen.
Nun, vor der vierten Stunde, vor meiner
Doppelstunde Deutsch mit Kiwi, standen Tori, Anki und Nico vor meinem
Klassenzimmer.
Ausgerechnet den Mark musste Tori fragen, ob das
hier die 9b wäre und ob Kiwi schon da ist.
Ich rannte schnell zu den drei, stellte mich zu
ihnen und sagte, Kiwi sei gleich da, kein Plan, warum sie so spät dran ist,
dass das neue Plakat viel geiler ist.
Irgendwann ist irgendetwas an mir vorbei geflogen, das aus meinem Klassenzimmer kam. Verwundert hatte ich mich umgedreht und Mark
gesehen, der sich wie immer posend kringelig lachte und Maurice etwas zurief.
Ich beachtete die alle wieder nicht, sondern drehte mich der Gruppe zu.
Kiwi war natürlich angepisst, weil sie sich ach so
viel Mühe gegeben hatte mit dem Drucken und so weiterem Kram. Aber es ist doch
ihre Schuld, wenn sie einfach ihre Sachen durchsetzt, ohne uns zu fragen. Die
neuen Druckkosten werden wir selber begleichen, weil die Kiwi echt angepisst ist.
Die hat deswegen sogar Maurice angeblafft und mir gesagt, ich solle die
Einladungen für das Theaterstück austeilen, obwohl man die genauso gut auch
weitergeben kann (ich hab das dann auch so gemacht).
Als ich wieder ruhig saß, erzählte mir Jenny im
Flüsterton, dass Mark hinter mir in der Tür stand und zu Maurice gerufen hat, „Alex
ist bei ihren Leuten! – Guck mal wie die steht!“ und eine extrem tussige Pose
gemacht – und um Gottes Willen, noch nie stand ich mit einer Hand auf der
Taille, den anderen Arm herablassend an der Seite hängend, Beine anwinkelnd und
mit der freien Hand manchmal im Haar wühlend da. Deshalb hatte der so
bescheuert gelacht. Hatte mich schon gewundert, warum der seine ach so coole
Pose, die keine Regungen zeigt, fallen gelassen hat.
Auf jeden Fall war ich dann bestimmt noch wütender
als Kiwi.
Was erlaubt sich dieser Blödmann eigentlich? Nie
ein Wort mit mir sprechen – und wenn, dann sind wir dazu wegen der Schule
verdonnert. Hat immer großen Schiss davor mit mir zu sprechen. Manchmal halte
ich mich am Stuhl fest, wenn der plötzlich anfängt zu reden oder gar zu lachen –
denn dabei wirkt um einiges menschlicher, als sonst. Nicht so roboterhaft,
immer darauf bedacht, wie er gerade steht (bzw. posiert) und aussieht. Nicht
mal ich als Mädchen mach mir so viele Gedanken darüber, wie ich gerade aussehe.
Jedenfalls nicht alle fünf Sekunden.
Zu hause habe ich dann Mama davon erzählt und wie
bescheuert ich das finde.
Weil es mir dabei auch noch einfiel, erzählte ich
ihr auch, wie oft ich mit ihm konkurriere.
Mark ist der Schlaue aus der Klasse, schreibt am
häufigsten die beste Arbeite und ist in keinem Fach schlechter als zwei.
Ich bin zwar nicht so clever, wenn ich mir manche
meiner Arbeiten anschaue, aber wenn ich mit ihm in einer Gruppe arbeite, dann
denke ich mir manchmal Um Himmels willen,
der ist gar nicht so schlau – im Gegenteil! oder Grundgütiger! Er weiß es nicht!? Dabei ist das doch so einfach!
Als wir in Biologie unsere Arbeiten zurückbekamen,
hatte Mark anfangs die einzige zwei – bis ich verloren gegangene keine Ahnung
wie viele Punkte gefunden habe und auch eine zwei bekam. Maurice hatte damals
zugehört/zugesehen, wie meine Note berichtigt wurde, hat es sofort Mark
zugerufen und der hat mich vielleicht böse angeguckt.
Letztes Jahr in Französisch haben wir dieselbe
Punktanzahl geschrieben, die beste Arbeit übrigens. Und unsere Klasse war
nebenbei die beste des Jahrgangs, da es eine Vergleichsarbeit war. Da war er
auch angepisst.
Mit Jenny kommt er auch nicht so gut klar. In
Englisch, als sie über Facebook diskutiert haben, hat er versucht, sie immer wieder mit seinen Argumenten zu überbieten. Oder als wir die bessere Note
auf unser Chemiereferat bekamen als er (und Patrick).
Vielleicht ist er, als Einzelkind, in dem Moment
eifersüchtig geworden, da Tori und ich
für Schwestern ziemlich gut befreundet sind, während einige andere aus meinem
Jahrgang mit ihren Geschwistern weniger klar kommen.
Was auch immer es war, er ist und bleibt ein Affe.
Widerwärtig, großkotzig und ein Stein.
Nebenbei bin ich auch noch sauer, weil eigentlich
die ganze Klasse sie über das Theaterstück lustig macht:
„Hahahaha, bang, bang, du bist tot!“, hat heute
eine gerufen und mit ihren Händen eine Pistole dargestellt.
„Das sollte Farid
Bang heißen, ihr Säcke!“ Jungs.
Einige andere haben das bang, bang, bang di
bang-Lied gesungen. Ganz andere haben die Einladung ohne zu lesen (hat übrigens
keiner gemacht, wie ich die alle kenne) zerknüllt und weggeworfen.
Sehr toll.
Und dann heißt es immer „Wieso sitzt Alex so
alleine auf ihrem Platz? Wieso kann sie ihre eigene Klassenkameraden nicht
leiden? Warum guckt sie immer so gequählt während der fünf-Minuten-Pause?“
Ratet mal, wieso.
24/04/12
Hattest du ein schlechtes Gewissen?
„Töte das Reh!“,
ruft Anki.
Dominik, der
pantomimisch ein Gewehr darzustellen versucht, zuckt ein bisschen. Ich erinnre
mich an meinen Text, an meinen Einsatz. Ich halte mich daran fest.
„Du drückst auf
den Abzug. Nichts passiert“, höre ich Eo. Das ist das Stichwort fürs loslaufen.
„Dein Gewehr ist
noch gesichert“, sagt Anki. Wir sind alle auf Dominik konzentriert.
„Du gerätst in
Panik“, folgt Timo. Wir sind fast da.
„Du entsicherst
dein Gewehr“, sage schließlich ich. Noch zwei Schritte—
Tori fängt an
ihren Text aufzusagen, panisch. Wir stehen hinter Dominik, umringen ihn
beinahe. Er sitzt auf dem Stuhl, auf das unsichtbare Reh konzentriert.
„BAM!“, schreien
die Verstorbenen als Zeichen dafür, dass Josh gedrückt hat. Doch—
„Der erste Schuss
verfehlt“, ruft Anki nach einem Trommelschlag.
Abermals BAM!
„Der zweite
Schuss verfehlt“, ruft Timo nach dem Schlag.
BAM!
„Der dritte
Schuss verfehlt!“, rufe ich.
BAM!
„Der vierte Schuss
verfehlt!“, ruft Tori.
Unseren Text
können wir richtig gut. Keiner hapert, keiner stützt über die Worte. Diese
Szene können wir einfach.
„BAM!“, rufen wir
kurze Zeit später – und es wird totenstill.
23/04/12
ganze sieben Tage in der Schule gewesen... OH GOTT
Freitags ist Schule besonders nervig, weil es mit dem
größten Scheiß direkt vor dem Wochenende aufkreuzt.
Zum Beispiel eine Englischarbeit in der letzten Stunde.
Ich muss gestehen: Ich habe geschmiert, gehetzt, Panik
verbreitet und mit mir mal wieder diskutiert. Meine Klasse und meine Lehrer,
die mich inzwischen kennen, wissen von diesen in Flüsterton oder geräuschlosen
Gefechte, die ich mit den Aufgaben der Arbeit führe.
Aber Alejandro schrieb zum ersten Mal eine Arbeit.
Also hatte er gegrinst und gelacht, während ich in der
letzten Reihe mir beinahe meine eigene Hand abgebissen hätte.
Aber die Arbeit verlief echt gut. Okay, ich hatte einige
Schwierigkeiten mit den Zeiten und da ich die zweite Aufgabe teilweise falsch
verstanden habe, verschenkte ich ein paar Punkte. Aber hätte ich diese noch
aufgesammelt, hätte die Aufgabe mit den Zeiten eine 1 trotzdem nicht
zugelassen.
Genau, Arschgeigen, eine weitere Zwei innerhalb acht
Tage! Ich würde mir am liebsten selber den Arsch küssen, aber ich sollte nicht
so viel auf der faulen Haut liegen (bleiben).
Nun, ich kam heim, zog mir etwas Bequemeres für Theater an und nach kurzem Schlendern war ich auch schon da.
Tiefpunkt.
Wir haben einen echten Tiefpunkt erlebt. Einen noch viel
schlimmeren als letztes Jahr. Okay, der von letztem Jahr war so ein üblicher
und nicht erwähnenswerter.
Aber dieser Freitag… an dem hätte ich kein Fleisch essen
sollen, da der für mich persönlich Karfreitag war.
Es ist nämlich so, dass Lena, eine der Verstorbenen, krank
ist. Irgendeine Entzündung, weswegen sie keine Stimme hat. Da sie viele Projekte am Laufen hat und ihre
Gesundheit nicht vernachlässigen sollte (sie ist ungefähr genauso immunstark
wie ich), hatte sie keine andere Wahl als ihre Rolle abzugeben.
Panik.
„Wer wir die neue Jessie sein?“ – „Oh Gott, wie finden
wir denn jetzt noch eine neue Hauptbesetzung?“ – „Wir werden alle sterben!“
Als es noch zur Sprache kam, dass es nur noch drei Wochen
bis zur Aufführung sind – hust, 10. Und 11. Mai, hust – herrschte quasi Chaos.
Anki bekam mit ihrer Rolle als Katie so großen Bammel,
dass sie sagte, sie wolle nicht mehr. Schule
sei ihr wichtiger (Lernzeit für Theater = beste Zeit fürs Schreiben mehrerer
Arbeiten). Und ich meine: Zwölfte Klasse, schon wichtig.
Trotzdem war ich sauer: Sie wusste, welche Rolle sie hat
und hätte sich vorher Gedanken machen müssen.
Also wurde nach langer Diskussion, ob wir alles abblasen
(Tori und ich waren vollkommen dagegen, hihi) oder verschieben oder
Mexikofingerimpo, entschieden, dass Mara Katie spielt und ich Jessie.
Jessie (und James).
Die Rolle, für die ich vor Monaten gekämpft habe.
Die ist nun mein.
Wie habe ich reagiert?
Genau, 100 Punkte an die gesichtslose Person aus der
blutverschmierten Ecke, die langsam auf mich zu kriecht: ANGST!
Plötzlich war ich eine der Hauptfiguren, habe plötzlich
noch mehr Text als vorher und muss all meine vorherigen Rollen reumütig
weitergeben (wenigstens ist Jan nun der böse Junge aus dem Knast – dank Timo,
der in Meiningen Showkampf erlernte, schlägt er Dominik quasi ^__^ boah, noch
viel cooler als bei mir :D und Kevin ist nun ebenfalls Stimme :D Souffleur und
Stimme. Hammer!)
Ich war beim Markieren des Jessie-Textes heilfroh, weder
meinen Stimme-Text markiert oder gelernt zu haben. Sprich: Mein Gehirn hatte
nicht mal einen Satz vom Stück, den er hätte wütend verbrennen müssen.
Samstag war dann gegen neun Uhr die erste Wochenendprobe
und wir kamen bis zur Hälfte. Ganz, ganz stolz.
Während der ersten drei Seiten hatte Anki es sich anders
überlegt (größtenteils, weil Mara wegen ihrem ersten Jahr in der Theater AG und
schon allein so zu schüchtern ist), weswegen ich allein das recht hatte, ein
Textbuch zu halten, was aber nicht immer nötig war. Ich meine, solche Sachen wie
„Warum ich?“ und danach umzufallen kann ich mir auch ohne stundenlanges ins
Textbuch starren merken.
Wir verstorbenen sind sooft auf die Knie gefallen, vor
allem Tori, die ja Josh’s beste Freundin war und mit ihm in der Kindheit Krieg
gespielt hat.
Wir haben bis fünf geprobt, Kevin hat uns dann nach Hause
gefahren. Ich bin leider mit meinem Knie an etwas gestoßen – im Normalfall gäbe
es hinterher keinen Kratzer, aber da mein Knie wortwörtlich angeschlagen war… -
und hab mir einen schönen Kratzer zugezogen. Yay!
Abends bin ich schließlich mit Tori das ganze Textbuch
durchgegangen – bzw. nur unseren Text, haha – und haben manchmal so lachen
müssen, weil Mucho versucht hatte, uns nachzuäffen.
Sonntag ging es erst um zehn los, aber eigentlich nur,
weil es nur wir sechs waren: Tori, Dominik, Timo, Eo, Anki und ich.
Wir haben bis drei geprobt, uns aufgenommen, um hinterher
sehen zu können, was schief ging und sowas. Es gab viele Fails, viele Lacher,
Patzer und Gänsehaut-Momente. Wie wir alle Bam geschrien haben…. Wow.
Zu Hause, nach der Probe, wollte ich die Hausaufgaben
erledigen und für Religion lernen – sicher! Denn ich hatte die Hälfte der
benötigten Sachen in der Schule gelassen. Ich Depp.
Trotzdem habe ich mehr als gedacht in der Arbeit
geschrieben (meistens eigentlich nur Glück, höhö), aber besser als eine drei
wird es nicht. Dazu kenne ich die dumme
Pute von Lehrerin gut genug.
Dafür bekamen wir heute in Englisch die Arbeit zurück und
YESSSSSSSSS, zwei!
Bin immer noch fassungslos glücklich.
Zum Beispiel weil ich in mündlich auf 1- stehe. Oder weil
er meinen Bericht exzellent und beeindruckend fand, auch wenn ich manchmal
informell wurde.
Aber wen juckt das? Hätte ich fünf Punkte mehr geschrieben,
gäbe es eine eins. Aber mit der zwei kann ich genauso gut leben :D
So, Tori, ich hoffe du bist froh, endlich die „Schreib
über Theater und die Proben“-Berichte gelesen zu haben.
Ich hätte zwar noch mehr geschrieben, aber jedes Mal,
wenn ich heute in der Schule anfing, von den Proben zu schwärmen, wurde ich
entweder unterbrochen oder sehr elegant zu einem anderem Thema gebracht.
nach Meiningen - Ferien und jetzt
Mama hatte wirklich gedacht, dass ich am Montag nach
Meiningen normal zur Schule gehe, egal was die Raucherstimme angeht.
Mein Immunsystem hat ihrem Plan kräftig in den Hintern
getreten:
Als ich wach wurde, hatte ich Fieber bis zu 39 Grad und
meine Stimme war kein Stück besser.
Wir gingen zum Arzt… mal wieder.
Wir machten wieder den Strips-Test, der wieder negativ
ausfiel.
In der Apotheke erklärte mir die nette Frau nochmal alles
ganz genau: Es gab Tabletten, die ich lutschen musste; Tabletten, die ich
täglich trinken sollte und noch Standardtabletten gegen Fieber und
Kopfschmerzen.
Zu hause angekommen alle Medikamente eingenommen und sich
sofort wieder schlafen gelegt, das war gegen neuen Uhr oder halb zehn.
Das nächste Mal wurde ich um drei wach. Mama betastete
meine Stirn, ob ich noch Fieber hätte. Tori war auch gerade da, machte eine
Krankenhaus-Pause.
Ich schlief wieder ein.
So ging das ungefähr fünf Tage: Tabletten, schlafen,
Toilette, schlafen, Nahrungsaufnahme, Schlafen.
Danach war mein Fieber gebrochen, aber die Stimme ließ
lange auf sich warten.
Ich durfte die ganze letzte Woche vor den Osterferien
nicht mehr zur Schule. Papa hatte extra die Bescheinigungen im Sekretariat abgeliefert.
Der Rest der Woche lag ich sonst nur zu Hause, las mir
durch, was die anderen in Facebook schrieben.
Ich fühlte mich einsam, vor allem da Tori im Krankenhaus
war.
Selbst als sie wieder raus war, fuhr sie mit Jenny zu
einem Kurs für mehrere Tage.
Mucho und ich hätten uns beinahe gegenseitig umgebracht.
Dann waren Ferien. Bloß so wirklich hab ich das nicht
mitbekommen, da ich immer noch mit meiner Stimme zu kämpfen hatte.
Irgendwann kam auch Jenny vorbei, gab mir die Hausaufgaben vorbei, erzählte mir,
was so alles passiert sei.
Zum Beispiel dass die Französisch-Arbeit verschoben
wurde, da mit mir insgesamt drei Leute gefehlt hätten.
Oder dass mein Englischlehrer ihr gesagt habe, sie solle mir ein ganz
melodramatisches „Gute Besserung“ und „Alles Gute“ wünschen.
Jenny hatte mir am Ende zu Ostern noch eine
Kinder-Mix-Tüte geschenkt.
Also habe ich in der zweiten Woche mit Tori an Puppen
gebastelt. Bzw. hat sie mehrere gemacht und ich nur eine, die für Jenny.
Sie bestehen aus Wolle, etwas Draht und Nadelköpfen als
Augen.
Auch habe ich Mama im Garten geholfen und mir die
Überreste eines Schiffs aus der Flasche in meinen rechten Mittelfinger gerammt,
weswegen ich mich dann beim Putzen im Bad gewundert habe, wieso mein Finger rot
ist.
Am Montag nach den Ferien überreichte ich Jenny ihre
Puppe während der 5-Minuten Pause zwischen den zwei Bio-Stunden.
Sie hatte sich gefreut und angefangen, sie zu frisieren –
während alle anderen schockiert bis zu „Was ist das?“ gestarrt haben.
„Jenny, ist das eine Puppe?“, hatte Sarah beinah empört
gefragt, als ob es ein Gesetz gäbe, wann man aufhören sollte, mit Puppen zu
spielen.
„Ja“, hatte Jenny stolz geantwortet.
„Es ist eine Voodoo-Puppe“, habe ich grinsend gescherzt,
weil ich die Blicke à la „man, ist die hässlich“ bemerkt habe.
Zu meiner Überraschung glaubten sie mir.
„Oh mein Gott, wer soll die Puppe sein?“
„Sie hat Carinas Haarfarbe!“
„Das ist Alex?“, hatte Patrick gefragt, nachdem meine
Erklärung, ich habe Jenny einfach nur eine Puppe gebastelt, die eben wie eine
Voodoo aussieht, unterging. Als ich die Situation nochmal erklärt habe, hatte
er enttäuscht „achso“ gesagt und sein Interesse verloren.
Den ganzen Tag wurde gerätselt, wen ich da gebastelt
habe.
Bin ich echt so
gestört?
Ich bin, um ehrlich zu sein, etwas eingeschnappt und
sauer deswegen. Fickt euch doch alle ins Knie.
Sonst ging es im Unterricht weiter um Schwangerschaft und
so ein Kram. Jenny hatte tatsächlich gefragt, wie Zwillinge entstehen. Also,
entweder bin ich zu schlau oder ich bin zu schlau und halte Leute, die solche
Dinge nicht wissen, ganz einfach für dumm. Im Endeffekt bin ich sowieso schlau.
:P
In Englisch hatte Alejandro wieder mal nur gelabert.
„Was habt ihr so in den Ferien gemacht?“, schwafelte er
auf Englisch. „Alex?“ Er sieht mich erwartungsvoll an.
„Ich war krank und faul“, sagte ich ohne zu lachen. Schließlich stimmt das ja auch.
Nach kurzem Nachfragen, wieso und mit was ich krank war,
gab er sich zufrieden.
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