Da wir in Englisch ein Buch lesen – einige zum ersten Mal
wahrscheinlich – und wir im Unterricht mal eben die unbekannten Worte
entziffern, sitzen Jenny und ich gelangweilt da, schnappen gleichzeitig unsere
Lesezeichen und fangen an, mit den Teilen in unser Gesicht zu wehen, als sei
uns schrecklich warm. Ich muss gestehen, es ist nicht witzig, kein bisschen
sogar, aber dann irgendwie doch. Vielleicht weil wir im selben Augenblick den
gleichen Gedanken hatten und synchron reagierten. Vielleicht auch einfach, weil
wir manchmal echt nur hohl sind.
Maurice, der in der Reihe seitlich von unserem Tisch
sitzt, kann von seinem Platz aus mich sehen – wenn ich mich zurücklehne.
So saß ich da, zurückgelehnt, mit den Lesezeichen wedelnd
vorm Gesicht, grinsend.
Aber nö, Alex hat kein Recht fröhlich zu sein.
„Sag mal, bist du behindert?“, fragt er undeutlich, sodass es eher wie „Samma, bissu be-indat?“ klingt, aber laut genug, dass es sogar Alejandro gehört hätte, wenn er es nur wollte.
„Sag mal, bist du behindert?“, fragt er undeutlich, sodass es eher wie „Samma, bissu be-indat?“ klingt, aber laut genug, dass es sogar Alejandro gehört hätte, wenn er es nur wollte.
Statt wie üblich Augenverdrehend mich von ihm wenden,
packte mich solch eine Wut.
Was erlaubt sich dieser Schmarotzer? Ist er hier der
King, oder wie? Nur weil er, mit seiner Vorliebe für Hitler, „der Führer“ von
seinen „Anhängern“ genannt wird?
„Stört es dich, oder was?“, frag ich genauso blöd zurück.
Es ist mir in dem Moment sowas von egal, ob man mich hört oder nicht, ob man
sich fragt, ob ich anfange völlig durchzudrehen oder dass ich in Wirklichkeit
eine verdammte Zicke bin, aber für alle nach außen ruhig spiele. Was auch immer
gedacht wurde, es ist mir scheißegal.
Maurice macht den Mund auf, aber ich lasse ihn erst gar
nicht zu Wort: „Tja, dein Problem, wenn es dich stört, nicht meins. Wenn es dir
nicht gefällt, dann schau woanders hin.“ Und mit einem aufgesetzten Lächeln
wedelte ich noch heftiger.
Danach kochte ich immer noch. Lange saß ich da, wünschte
ich sei wirklich nicht von dieser Welt, sodass ich ihn verhauen könnte. Wenn
ich wenigstens eine Junge wäre, ich hätte ihn dann wahrscheinlich auf dem
Pausenhof verprügelt.
Doch dann dachte ich daran, wie ich reagiert habe. Meine
eigentlich gar nicht so schlechte Antwort und das fiese Lächeln danach, nicht
zu vergessen diese Provokation.
Es ist mir vollkommen egal, wie hart das Schulleben
sozial gesehen für mich in Zukunft wird. Ich lasse mir das Maul nicht stopfen.
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